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Die kleine Elfe

Es war einmal eine kleine Elfe, ihr Name war Lilith. Sie war eine ganz besondere Elfe, eine Kinderelfe, sie war kaum größer als eine Kaffeetasse und hatte wunderschöne rosa-silbrige Flügeln, auf die sie besonders stolz war. Lilith war ein richtiger „Strahlekeks“, das war ihr angeboren, sie konnte lächeln als ob es kein Morgen gibt, ihre Augen strahlten dabei wie ein ganzer Weihnachtsbaum, ja sie konnte die anderen schon mitreißen. Und obwohl sie ein wunderschönes, kleines Mädchen war, war sie so verschmitzt und frech wie ein Bub.

Die kleine Elfe lebte in der Menschenwelt und so lange sie sich zurück erinnern konnte, war sie immer unter Menschen, sie kannte gar keine anderen Elfen, für sie war das selbstverständlich, dass sie die einzige Elfe war in ihrer Welt. Als sie kleiner war, fand sie das ein wenig seltsam und fragte sich oft wo die anderen waren, aber als sie größer wurde, war es für sie selbstverständlich so wie es eben war. Gut, sie verstand, dass sie anders aussah, sie war viel kleiner und hatte Flügeln und die Menschen um sie rum, waren viel größer und hatten weder Flügel noch magische Kräfte, aber das war ihr egal.

Lilith wohnte in einer Art großem Herrschaftshaus, vielmehr nicht direkt im Haus, aber in einem großen, goldenen Käfig im Wintergarten des Hauses. Dort war immer viel los, viele Menschen kamen und gingen und Lilith liebte das. Denn wenn viel los war, konnte sie viele Menschen sehen und diese begeistern, außerdem konnte sie dann ihre Späßchen machen, die Menschen ein wenig ärgern und das liebte sie noch viel mehr. Wie gesagt, sie war ein „Strahlekeks“ und stand gerne im Mittelpunkt. Da flog sie dann immer ganz aufgeregt in ihrem Käfig herum und machte ihre Scherzchen, lachte laut und war fürchterlich frech. Die Menschen mochten das auch, besonders die Männer.

Lilith hatte schon eine ganz besondere Anziehungskraft und die fanden die Menschen einfach großartig. Es kam immer wieder vor, dass einige Männer sie besonders toll fanden und immer und immer wieder kamen um Lilith zu treffen um ihr nahe zu sein. Lilith fand das super, so konnte sie weiter mit ihnen lachen und ihre ganz besonderen Streiche mit ihnen machen. Aber nach einiger Zeit der Besuche gingen sie wieder und blieben fern. Das verletzte Lilith. Und für eine ganze Weile blieb sie dann traurig in ihrem Käfig ohne strahlen und ohne lachen. Dann spitzte sie durch die Gitterstäbe und war traurig und weinte, weil sie sah, dass diese Menschen ihr Leben einfach ohne sie weiterlebten. Gut weiterlebten, sehr gut und einer nach dem anderen verwirklichte seine Träume, nur eben nicht mit ihr gemeinsam.

Andere wollte die kleine Elfe ganz und gar für sich haben und streckten ihre Hände zwischen die Gitterstäbe und versuchten Lilith mit aller Kraft rauszuziehen und das gefiel ihr gar nicht. Den meisten ging es nur darum sie einmal anzufassen, sie dachten, dass all die Magie die Lilith umgab, all das Licht und das Lachen dann auch in ihrem eignen Leben glänzen würde. Und wenn sie sie einmal anfassten, dann ließen sie die kleine Elfe zurück im Käfig und gingen. Lilith verstand das nicht. Warum wohl machten sie das?

Die kleine Elfe wollte schon gerne mit jemandem zusammen sein, ihre Käfigtüre öffnen und jemanden zu ihr herein bitten oder mit ihm die Welt erkunden. Aber Lilith wollte jemanden mit einem ähnlich reinen Herzen wie sie. Schon oft dachte sie es wäre so weit, aber wenn sie ehrlich zu sich war, wusste sie, dass es weder der richtige Moment war, noch der richtige Menschen-Mann. Und so verging die Zeit, die Zeit in ihrem Käfig, die Zeit in der die Menschen vorbei kamen, in der sie Spaß hatte mit den „Besuchern“, in denen sie sie neckte und anlockte und die Zeit in der die Menschen nach ihr griffen u sie dann doch zurück ließen. Lilith wusste, irgendwo da draußen, ähnlich versteckt wie sie, gab es da jemanden mit einem ähnlichen Herzen wie sie, sie musste ihn nur finden, er musste sie finden. Nur wann?

Manchmal saß die kleine Elfe nur ganz still in ihrem Käfig und betete ganz laut und intensiv in den Himmel. Das musste doch klappen, aber irgendwie schien nichts wirklich zu funktionieren. Das Beten nicht, das Hoffen, das Wünschen nicht und auch nicht und ja, manchmal wenn sie ganz böse war, fluchte sie auch. Die Menschen fanden es langsam lustig, waren belustigt von den fantasievollen Vorstellungen von Lilith. „Nein, finden würde sie wohl nie was sie suchte“, bestätigten ihr alle. Das verletzte Lilith sehr, aber es änderte auch nichts daran, dass sie dieses Körnchen an Hoffnung, an Glauben, ungebrochen in ihr hatte, das so hell strahlte wie ihr Herz und wie ihre Augen, wenn sie sich freute. Manchmal, wenn sie sehr alleine war, überlegte sie dann schon, ob sie nicht doch mit dem einen oder anderen Menschen mitgehen sollte, ihr Glück finden sollte, aber ihr Herz schaffte das nicht. Ihr Herz war gebunden, war ja schon vergeben, vor langer Zeit. Also, sollte sie weiter ihrem Herzen folgen oder haben die anderen doch recht?

Lilith zog sich eine Weile zurück, sie machte keine kleinen Scherzchen mehr mit den anderen, auch wenn sie da wirklich Freude daran hatte, sondern suchte in ihrem Herzen nach der passenden Antwort. Und dann, eines Tages wurde ihr die Entscheidung abgenommen. Als sie eines Morgens aufwachte, schaute sie in große grüne Augen, die sie anstrahlten. Augen, die so verschmitzt waren wie die ihren. Und eine Stimme sagte: „Na du, kommst du öfters hier her?“ und lachte. Sie stand auf, schüttelte ihre rosa-silbrigen Flügeln durch und zwickte den Elfen in die Nase und sagte: „Und du? Was hat dich so lange aufgehalten?“. Dann lachten beide. Und dieser Elfe war anders. Er ließ Lilith im Käfig, grabschte nicht gierig hinein, er ließ ihr ihre Zeit, bis sie selbst die Entscheidung traf, die Käfigtüre zu öffnen. Aber die Wahrheit ist, das dauerte gar nicht so lange wie vermutet. Es reichte Lilith dann schon, dass sie wusste, dass es ok ist so wie es ist. Aber als sie die Türe dann aufmachte, war es als ob es nie anders war. Es war tatsächlich so wie sich das immer gewünscht hatte, nein, nicht ganz, es war besser. Die beiden Elfen lebten fortan gemeinsam, sie trennten sich nie wieder, aber sie wussten auch, sie würden sich immer wieder finden, egal in welcher Gestalt, ob mit Flügeln oder ohne, das war diese ganz besondere Verbindung die sie hatten, nur einen Flügelschlag entfernt. Die Menschen lachten zwar immer noch, aber das machte ihnen nichts, denn sie ärgerten die Menschen jetzt gemeinsam und das war wirklich lustig.